00:08 Uhr – Eine der körperlich schlimmsten Nächte meines bisherigen Lebens beginnt.

Mein Bettnachbar schnarcht wie ein defekter Mercedes-Motor. Erst pfeifend, später mit Aussetzern – als würde er nicht wissen, ob er jetzt anspringen will oder nicht. Der Druck im Gips steigt. Verband, Schweiß, Nervosität – alles wird schlimmer. Ich frage mich: Muss ich das jetzt aushalten? War das die Strafe, weil ich mir die MJ-Milchpumpe hab abbauen lassen?

Ich überlege: Wenn ich jetzt auf die Klingel drücke, mache ich jemandem „unnötige“ Arbeit? Scheiß drauf. Die SUVA zahlt.

Die erste Schwester kommt rein, bietet mir Schmerzmittel an – ich nehme sie dankend an. Hilft nicht. Die Bereitschaftsärztin wird gerufen. Ergebnis: Gips bleibt, aber alles wird etwas lockerer fixiert. 30 Minuten Ruhe. 2025-05-15_14h43_53.png Danach: Wieder Schmerzen. Ich drücke wieder.

Zwei Ärztinnen kommen: Alles aufmachen, um ein Compartment-Syndrom auszuschließen. 2025-05-15_14h43_40.png Zum Glück: negativ. Neu verbunden, diesmal noch etwas lockerer.

Dann kommt sie wieder: die „Milch“. Kein Fentanyl, aber Palexia flüssig. Rein damit. 10 Minuten später: Atmung flacher, Körper fährt runter. Mir egal – ich bin einfach nur froh. Im Endeffekt hat es diesmal dann seitlich an den Zehen gedrückt, ich war aber wieder Frankfurt-Bahnhofsviertel-Modus, wodurch ich das relativ gut aushalten konnte.

Und als kleines Highlight bringt mir die Pflegerin noch Oropax vorbei – endlich halbwegs Ruhe.

06:30 Uhr. Ich wache auf. Drei bis vier Stunden Schlaf vielleicht. Der Kollege nebenan? Schnarcht jetzt nicht mehr rhythmisch, sondern mit Aussetzern. Ich höre auf seine Atempausen, statt zu schlafen.

Bei der Visite ist der Arzt richtig stolz auf meine trockene Wunde. Feier ich, wie er sich gefeiert hat. Er packt mein Bein aus, legt es in das Stoffteil vom VacoPad – und alle verschwinden. Ich liege da mit dem Fuß im Stoff, nicht in der Schiene. 2–3 Stunden passiert: nichts. Ich frage mich ernsthaft: Baut das irgendwann noch jemand fertig?

Zum Glück bringt die Schwester nochmal Palexia, diesmal wieder die Retarder-Tablette. Stand 10:41 Uhr: Es geht wieder. Ich war sogar duschen – was für ein Gefühl. Gleich kommen die Physios.

Vormittag: unauffällig. Die Physios erklären mir den Umgang mit den Krücken, machen erste Gehversuche mit mir. Dann bringt mir die Assistenzärztin meine Entlassungsunterlagen – für morgen.

Und ich beginne zu grübeln: Was, wenn ich gehe und die Retard-Wundertablette später nicht mehr wirkt? Die Schmerzen wären unerträglich. Aber: Kein Gips mehr. Ich kann den Schuh öffnen um den Druck abzulassen. 2025-05-15_14h50_19.png

Auf jedenfall soll es keine Nacht mehr mit dieser Geräuschkulisse werden - ich werde durchdrehen.

Ich schnappe mir meine Krücken, nehme den Rollstuhl, drehe ein paar Runden durchs Krankenhaus. Denkphase. Kopf freikriegen.

Mittag: Die Entscheidung ist gefallen. Volles Risiko – ich gehe nach Hause.

Der Stationsarzt passt mein Entlassungsdatum an. Die Pflegerinnen geben mir nochmal die Thrombosespritze – ins Bein. (Zitat eines befreundeten Arztes: „Ins Bein machen’s nur Rookies.“)

Mein Bruder holt mich ab. Zuhause: Anfangs nervös, aber dann – schmerzfrei eingeschlafen. Gottseidank.